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Speed increment V-Final bei Headwind

Verfasst: 22. Nov 2005, 19:40
von Pjotr
In meinem Flugi-Handbuch respektive der Checkliste ist zu entnehmen, dass bei Wind oder Böen von mehr als 10% V-Final, jeweils die Hälfte der Headwind-Komponente zu V-Final dazugerechnet werden muss.

Was ich nicht verstehe, wieso bei Gegenwind die Finalspeed erhöht werden muss.Die Groundspeed nimmt ab, aber die Geschwindigkeit im Bezug auf die Luft ist mit oder ohne Wind bei gegebener Indicated Air Speed doch gleich? Eine Geschwindigkeitserhöhung wäre von dem her doch unnötig. Oder ist das effektiv nur bei Böen notwendig, sodass man "nach" der Böe nicht plötzlich im Stall ist?

Verfasst: 22. Nov 2005, 19:55
von Toryu
Deine Überlegung ist richtig: wenn der Wind böig ist, dann kann auf eine Bö (=> V wird größer) eine Flaute folgen (=> V wird kleiner).

Durch die Bö wird deine Groundspeed geringer - wenn die zusätzliche Strömung (Wind) dann kurzzeitig wegfällt und du mit normalem Speed anfliegst (1,3 fache Vmin) kann es passieren, dass du plötzlich in der Luft hängst wie ein nasser Sack oder gar stallst.

Daher diese Geschwindigkeitsreserve. :)

Verfasst: 22. Nov 2005, 20:00
von Hawk
Ich bin nicht 100% sicher und "beantworte" jetzt mal aus Erfahrungen und gesundem Menschenverstand:

Was ja wohl klar ist, bei Gegenwind musst du mehr Leistung geben um in der Luft zu bleiben. Der Ground-Speed kann dir egal sein (solange man noch vorwärts kommt... :lol: ). Die IAS sollte doch immer gleich bleiben, also nicht beschleunigen. Du musst nur mehr Leistung geben, um gegen den Wind anzukommen, aber schneller wirst du dabei nicht. Evtl. 5-10 Knoten Reserve, aber nicht mehr.

Bei einer Böe kannst du fast nicht reagieren, die kommt so schnell und ist auch um so schnell vorbei... Da schwankt die Anzeige halt +/- 10 Knoten. Aber noch mehr Schub geben? Von meiner Seite her gesehen: Nein
Was du machen musst, ist mit dem Schubhebel "arbeiten", immer gleich korrekturen vornehmen, etc...
Du musst bloss darauf achten, dass du immer deine Anfluggeschwindigkeit beibehälst. Bei Gegenwind muss man halt etwas mehr Leistung geben (muss man schon miteinbeziehen), aber in der Luft gehen dir sämtliche dieser Formeln am A**** vorbei. Denn mit Gegenwind sicher landen ist gar net so einfach und mann muss halt schon dagegen "ankämpfen". Ich hatte mal ca. 15-20 Knoten Gegenwind, musste 4 mal Anfliegen (ein mal in Grenchen). Ist schon verdammt hart, aber mann muss das beherrschen. Und damals wusste ich noch keine einzige Formel....

Sorry für die komplizierte Antwort, wusste aber grad nicht wie ich das noch umschreiben soll... :roll: :wink:

Gruss Hawk

Verfasst: 22. Nov 2005, 21:12
von Toryu
Wenn dich eine Bö erwischt, dann wird die GS u.Ust. kleiner, die IAS aber größer.

Verfasst: 22. Nov 2005, 21:37
von Hawk
Ich weis. Aber da sie normalerweise nur kurz andauert, merkt man da wenig... Man muss einfach viel mit dem Schub arbeiten, immer wieder korrigieren, und die Fluglage / den Anflug muss man ebenfalls immer wieder korrigieren. Beim Anflug gilt, jedenfalls bei mir, Augen auf die Speed-Anzeige, Augen zur RWY, zurück auf die Speed-Anzeige, RWY, Speed, RWY, und so weiter... Ich weis was passiert, wenn die Kiste in nen Stall fällt, seitdem lass ich die Speed-Anzeige nie mehr aus den Augen! Vorllem wenn ich in Platzrundenhöhe oder tiefer unterwegs bin... :? Wenn du da in nen Stall fällst, haste noch wenige Sekunden um dein Testament abzuschliessen... :lol:
Wie gesagt, diese Formeln interessieren dich in einem windigen Wetter sehr wenig. Da musst du dich auf dein Gefühl verlassen können. Und die Speeds die du benötigst um das Flugzeug zu fliegen stehen in der Checklist. :wink:

Gruss Hawk

Verfasst: 24. Nov 2005, 09:16
von Pjotr
Danke für die Antworten :)
JaBoG32_Hawk hat geschrieben:(...) Wie gesagt, diese Formeln interessieren dich in einem windigen Wetter sehr wenig. Da musst du dich auf dein Gefühl verlassen können. Und die Speeds die du benötigst um das Flugzeug zu fliegen stehen in der Checklist. :wink:
[/quotewxe]

Na ja, das sehe ich nicht wirklich so. Die Anflugsgeschwindigkeit gilt, wenn ich mich recht erinnere, für einen voll beladenen Flieger bei Windstille. Für jedes Kilo unter Maximum Take Off Weight kannst du die V-Final etwas herunter setzen und für jede zusätzliche Headwindkomponente musst du's offenbar wieder etwas erhöhen. Da bin ich schon froh wenn ich das überschlagsmässig berechnen kann. Da trau ich meinem Gefühl nicht so ganz ;)

Re: Speed increment V-Final bei Headwind

Verfasst: 24. Nov 2005, 10:22
von Woodstock
JaBoG32_Pjotr hat geschrieben:In meinem Flugi-Handbuch respektive der Checkliste ist zu entnehmen, dass bei Wind oder Böen von mehr als 10% V-Final, jeweils die Hälfte der Headwind-Komponente zu V-Final dazugerechnet werden muss.

Was ich nicht verstehe, wieso bei Gegenwind die Finalspeed erhöht werden muss.Die Groundspeed nimmt ab, aber die Geschwindigkeit im Bezug auf die Luft ist mit oder ohne Wind bei gegebener Indicated Air Speed doch gleich? Eine Geschwindigkeitserhöhung wäre von dem her doch unnötig. Oder ist das effektiv nur bei Böen notwendig, sodass man "nach" der Böe nicht plötzlich im Stall ist?[/quoten0y]
Kein Grund, groß zu diskutieren, Du hast schon alles richtig erfasst.
Man geht davon aus, dass auch wenn am Boden nur Wind und keine Böen gemessen werden, dieser Wind durch Verwirbelung an Bodenobjekten Turbulenzen, Böen und Scherwinde verursachen kann. Deshalb rechnet man per Faustformel die halbe Gegenwindkomponente als Sicherheitsmarge obendrauf.
Wirklich nötig wird das, wie Du richtig gelernt hast, erst bei Windgeschwindigkeiten > 10% Vfinal. Darunter kannst Du durch am Gas spielen nach der Hawk´schen Methode alles ausgleichen.

@ Hawk:
Wenn Du bei nur 15 kt Gegenwindkomponente nach Gefühl und mit normaler Anflug-IAS ankommst und es erwischt Dich ein kleiner Scherwind, hast Du keine Chance, durch reaktionsmäßiges Gasgeben einen Stall zu verhindern. Du wirst 100 Meter vor der RWY im Acker sitzen und Dich fragen, wie doch nochmal die einfache Faustformel gewesen wäre...

Verfasst: 24. Nov 2005, 21:10
von Hawk
MOMENT!

Faustformeln sind was anderes, da wird "Handgelenk mal Pi" gerechnet, nicht auf 5 Stellen genau. Diese Faustformel muss man können, da stimm ich euch zu. Hingegen die Berechnungen, die nur der Konstrukteur machen wird, kann man vergessen. Und ausserdem stehen alle benötigten Informationen im AFM und sollte das auswendig können. Denn in nem Final hast du neben allen Checks einfach nicht noch die Zeit zum rechnen. :roll: Bis eben auf die Faustformeln, die hat man schnell.

PS: Und wenns zu fest windet, starten wir mit diesen kleinen Maschinen gar net... :? Wär ja sonst lebensmüde... :lol:

Gruss Hawk

Verfasst: 24. Nov 2005, 21:46
von Woodstock
Bin mal mit ner C152 bei konstanten 23 kt direkt von vorn gelandet.
War sehr lustig, ca. 45 m Landerollstrecke... :lol:
Nur das Rollen zum Hangar war nicht ohne... :shock:

Verfasst: 25. Nov 2005, 07:16
von Hawk
Jo, aber meine Kiste ist ne "Eco-Light", desshalb etwas leichter als ne Cessna... 8)

So ein Anflug ist verdammt anstrengend, ein kleiner Fehler und man sitzt mitten in einem Maisfeld... :? Und das mit der Landerollstrecke kann ich bestätigen, mit 55-60 Knoten angeflogen, Gegenwind 15-20 Knoten, das heisst ein Ground-Speed von ca. 30 Knoten. :shock: Da hat man das Gefühl, dass man gar nicht mehr vom Fleck wegkommt. :lol:

Gruss Hawk